Personalmangel in der Gastronomie war schon vor Corona ein grosses Thema und sorgte für Überstunden und schlechte Laune. Wie vom Virus befallen fehlen der Gastronomie seit dem Ende des Lockdowns allerdings immer mehr Mitarbeiter*innen - und damit Umsatz. Wie dramatisch die Lage ist, und was Restaurant-Betreiber*Innen dagegen tun können, darum geht es hier.
Die aktuelle Situation
In ganz Europa fehlen der Hotellerie und Gastronomie Mitarbeitende. In Italien sind es bereits 150’000 Arbeitskräfte, in Österreich über 200’000, in Deutschland bis über 300’000 und sogar im Hochpreisland Schweiz sieht es mau aus.
Fast jede/r fünfte Mitarbeiter*in hat während der Corona-Zeit der Gastronomie-Branche den Rücken zugekehrt. Die Stellenanzeigen schnellen daher in die Höhe. In Deutschland sind auf der Stellenbörse Stepstone dieses Jahr im Vergleich zu 2019 65% mehr Stellen im Gastrobereich ausgeschrieben. Personal für Service und Küche wird händeringend gesucht. Und die wenigen Bewerber*innen sind häufig nicht vom Fach, klagt der Zürcher Szene- und Erfolgsgastronom Michel Péclard.
Der Personalmangel ist so massiv, so dass Gastronom*innen aufgrund fehlender Mitarbeitenden bereits erhebliche Umsatzeinbussen erleiden. Weniger Tische werden aufgestellt, Events abgesagt, Ruhetage eingeführt, Brunch und Lunch gestrichen.
Zahlreiche Restaurants konnten wegen fehlender Mitarbeiter*innen nach dem Lockdown erst spät oder gar nicht öffnen. Bei einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA gab jedes dritte der noch geschlossenen Restaurants “Personalmangel” als Grund an - und das obwohl drei von vier Betrieben mit allen Mitteln versucht haben, die Mitarbeiter*innen zu halten.
Die Gründe
Die Fluktuation in der Gastronomie war schon immer hoch, doch jetzt wandern die Mitarbeiter*innen in andere Branchen ab. Die Gründe liegen auf der Hand. Arbeiten, wenn andere frei haben, hoher Stress, ein niedriges Grundgehalt.
Insbesondere die Entlöhnung hat während des Lockdowns den Ausschlag für den Wechsel in andere Branchen gegeben. Kurzarbeitergeld und staatliche Lohnersatzleistungen beziehen sich lediglich auf das Grundgehalt. Diese bewegen sich je nach Land zwischen 60 bis 80% des bereits knapp bemessen Fixlohns. Das Trinkgeld, ein erheblicher Anteil des Einkommens in Service und Küche, fällt komplett weg. Oft genug bleibt den Mitarbeiter*innen so zu wenig zum Leben. In Berlin kommt ein Koch so meist nur auf 900 Euro - das reicht oft nicht einmal für die Miete.
Während der Pandemie sind auch etliche Lehrstellen gestrichen worden und deutlich weniger Bewerbungen eingegangen. In der Hotellerie gibt es ein Drittel weniger Lehrstellen, bei den Köchen ist ein Fünftel der Ausbildungsplätze weggefallen. Auch in Zukunft dürften also insbesondere die so wichtigen, gut ausgebildeten Fachkräfte fehlen.
Mögliche Lösungen
Der Personalmangel ist akut - und dürfte es bleiben. Was können Gastronom*innen und Hoteliers tun? Hier 6 mögliche Strategien, um das Personalproblem abzumildern.
1. Abstriche machen
Ein Weg, den aktuell etliche Restaurants einschlagen, ist: Reduzieren. Weniger aufwendige Küche, weniger Tische, weniger Anlässe, weniger lange Öffnungszeiten. Das heisst aber auch: weniger Umsatz. Das ist die Strategie für die Restaurants mit vergleichsweise geringen Fixkosten. Wer allerdings hohe Fixkosten hat, der kann mit weniger Umsatz nicht mehr profitabel wirtschaften.
Beispiel Kapazitätsreduktion: Aufgrund der Corona-Schutzmassnahmen mussten Restaurants die Abstände zwischen den Tischen und die Anzahl Sitzplätze reduzieren. Dabei hat sich schnell gezeigt, dass die Erlöse bei geringeren Kapazitäten die Kosten nicht mehr decken konnten - ausser sie setzten auf Double Seating, das mit entsprechenden Tools auch ohne grossen Aufwand und vor allem ohne Missgeschicke umgesetzt werden kann.
Die Idee ist einfach. Statt einmal 100 Gäste bewirten mit entsprechendem Personalaufwand, werden die Gäste auf zwei Schichten (Seatings) mit beschränkter Verweildauer mit jeweils 50 Gästen verteilt. So kann der gleiche Umsatz mit geringerem Personalaufwand erwirtschaftet werden, noch dazu bei weniger Stress für Küche und Service.
2. Setze nicht nur auf Fachpersonal
Seit Corona hat sich auf dem gesamten Arbeitsmarkt enorm viel getan. Insbesondere Ecommerce-Unternehmen haben etliche neue Mitarbeitende eingestellt. In anderen Bereichen sind enorm viele Jobs weggefallen - so zum Beispiel bei Coachings, Reisen und Bauwirtschaft. Etliche Arbeitnehmende müssen sich neu aufstellen oder umorientieren. Daraus ergeben sich auch für dich Chancen. Denn für Empfang oder als Küchenhilfe braucht es nicht unbedingt entsprechende Ausbildungen. Auch in anderen Bereichen des Restaurant-Business können Leute mit anderem beruflichen Hintergrund durchaus nützlich sein. Damit kommen viele Personen in Frage, die aktuell auf Jobsuche sind.
Sogar beim Service ist ungelerntes Personal denkbar. Es kann funktionieren, wenn die Personen ein Flair für den Umgang mit Gästen haben. Wenn sie von erfahrenen Mitarbeitenden schnell angelernt werden können und sofern profunde Kenntnisse über Wein, Zutaten und Zubereitung nicht zum Konzept des Restaurants gehören.
Allerdings darf auch nicht vergessen werden, dass die Anforderungen mit der Pandemie noch gestiegen sind. Neben einem Lächeln und Kompetenzen zu Speisen und Getränken sind auch die Vorgaben der Gesundheitsämter einzuhalten. Dabei kommt es auf eine feinfühlige und doch entschiedene Umsetzung der Vorgaben an. Da braucht es zumindest stressresistentes Personal.
3. Ausschreibungen breit streuen und Arbeitsbedingungen massiv verbessern
Je breiter die Stelleninserate gestreut werden, desto mehr potentielle Bewerber*innen werden erreicht. Das ist schon einmal eine wichtige Voraussetzung. Dabei werden allerdings oft mögliche Channels völlig ausser acht gelassen oder gehen vergessen. Deshalb hier kurz eine Liste der möglichen Verbreitungskanäle:
- Die eigene Website: Interessanterweise machen nur wenige Restaurants Gebrauch davon, ihre offenen Positionen auf der eigenen Seite zu veröffentlichen. Ein Fehler, denn immerhin schauen sich gerade an der Gastro-Branche interessierte Menschen gerne auch ausgiebiger auf der Website eines Restaurants um.
- Flyer an Hochschulen: Gibt es in der nähe Unis oder ähnliches? Dann könnten Flyer und Zettel am Schwarzen Brett schnell zu Resonanz führen, denn immer wieder sind Student*Innen auf der Suche nach Verdienstmöglichkeiten.
- Social Media: Insbesondere Facebook, Instagram und Tiktok sind gute Plattformen, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Aber auch Linkedin ist ein guter Ort. Zwar sind unserer Erfahrung nach Mitarbeitende aus der Hospitality-Branche dort untervertreten. Dafür können potenzielle Bewerber, die aus einer anderen Branche wechseln wollen, hier gut erreicht werden.
- WhatsApp: Eine hervorragende Möglichkeit ist auch, die offene Stelle über WhatsApp mit passenden Kontakten zu teilen und sie darum bitten, die Nachricht mit anderen zu teilen. Wenn das alle Mitarbeiter des Restaurants tun, ist die Chance gross, dass jemand aus dem nahen Umfeld darauf reagiert.
- Newsletter und Emails: Oft versenden Restaurant-Betriebe vielfältige Newsletter - automatisiert und manuell. In diesem Fall lohnt es sich, die Templates kurzfristig anzupassen und zum Beispiel jeweils am Ende auf die freie Stelle hinzuweisen. Kann übrigens auch bei Reservierungsbestätigungen so gemacht werden. Damit werden Tag für Tag eine ganze Menge Leute erreicht - und zwar auch jene, die sonst nicht erreicht werden.
- Jobbörsen: Von Linkedin Jobs über Indeed und Jobscout bis hin zu für die Branche spezielle Angebote, z. B. gastrojobs.de oder joboo.de. Es lohnt sich, die offenen Stellen auf möglichst vielen Portalen auszuschreiben. Nach einmaliger Anmeldung geht das bei allen weiteren Jobs auch relativ schnell. Daneben gibt es auch die Möglichkeit sogenannter Multi-Channel-Postings. Entsprechende Software erledigt das für einen. Beispiele hierfür sind Compana, Zoove oder Recruitee. Diese sind allerdings bezahlpflichtig. Dafür aber werden die Ausschreibungen auf hunderten von Portalen gestreut.
- Aufsteller und Flyer: Warum nicht auf den Tischen im Restaurant ebenfalls einen Hinweis in Form eines kleinen Aufstellers anbringen. Oder Flyer den TakeAway-Angeboten beilegen. Immerhin werden so all diejenigen Leute erreichen, die das Restaurant bereits kennen. Der Trust Factor ist also schon mal vorhanden.
- Recruiter, Zeitarbeitsfirmen, Stellenvermittler: Derlei Angebote gibt es nicht von ungefähr. Es gibt auf die Gastrobranche spezialisierte Anbieter, die selber bereits über grosse Datenbanken verfügen.
4. Überzeuge mit der Jobausschreibung
Quantität allein reicht freilich nicht - die Qualität, also was das Restaurant seinen Mitarbeiter*innen bieten kann - zählt jetzt umso mehr.
Einerseits sind das attraktive Löhne und Arbeitszeiten, andererseits auch Möglichkeiten sich weiterzubilden, Erfahrungen zu sammeln, Social Networking, Perspektiven innerhalb des Betrieb oder in weiteren Outlets, Mitbestimmung. Gerade sichere Zukunftsaussichten und Mitgestaltung sind in diesen unsicheren Zeiten und für die neue Generation Arbeitskräfte zentrale Faktoren bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber.
Hier noch ein paar Tipps für die Stellenausschreibung:
- Jobbezeichnung:
Vermeide Phantasiebezeichnungen wie "Kochartist" oder "Gästeversteher". Auch wenn das lustig sein mag, es sind Jobs, nach denen nicht aktiv gesucht wird. Damit verschenkst du, via Suchmaschinen gefunden zu werden. Ausserdem können sich die meisten darunter nicht wirklich etwas vorstellen.
- Stelle dein Restaurant vor:
Die Jobinserate von Restaurants gleichen sich oft meist sehr stark. Nutze die Chance und beschreibe dein Restaurant in persönlicher Weise. Versuche, bei den Leser*Innen Emotionen. Damit wird auch das Interesse geweckt.
- Beschreibe die Aufgaben klar:
Bewerber*Innen wollen über den möglichen Arbeitsplatz aus der Stellenanzeige so viel in Erfahrung bringen, wie möglich. Definiere ein individuelles Anforderungsprofil passend zu der jeweiligen Stelle. Das genaue Aufgabengebiet, Umfang der Stelle (Voll- oder Teilzeit), Standort des Arbeitsplatzes, erforderliche Qualifikationen.
Gib auch an, welche weiteren Kenntnisse und Fähigkeiten erwünscht sind (Fremdsprachen, Erfahrung mit Reservierungs-/ Kassensystemen etc).
Versuche dabei aber die Messlatte nicht zu hoch zu legen, sonst werden mögliche Quereinsteiger*Innen und Fachfremde von vornherein abgeschreckt.
- Vergiss nicht die Benefits:
Die Konkurrenz ist gross, deshalb ist es wichtig herauszustellen, was das Restaurant seinen Mitarbeitenden über den Lohn hinaus zu bieten hat. Mit Floskeln wie „Teamgeist“ und „gute Arbeitsatmosphäre“ gewinnt man allerdings keinen Blumentopf. Interessanter sind Fortbildungsmöglichkeiten, besondere Arbeitsbedingungen (zum Beispiel am Wochenende frei, weil das Restaurant nur unter der Woche geöffnet ist).
Wird Arbeitskleidung gestellt oder gibt es überhaupt keinen Dresscode? Veranstaltet das Restaurant eine jährliche gemeinsame Reise mit dem ganzen Team? Bietest du Mitarbeitenden die Möglichkeit von vergünstigten Unterkünften? Bietest du Hilfe bei der Wohnungssuche? Alle möglichen Benefits unterstreichen, dass du als Arbeitgeber*In interessant bist.
- Definiere den Bewerbungsprozess klar:
Informiere über den gewünschten Bewerbungsweg: Digital oder postalisch? Wer ist der Ansprechpartner? Bis wann muss die Bewerbung spätestens eingereicht werden?
Ausserdem ist es für alle Beteiligten hilfreich, Meilensteine des Bewerbungsprozesses genau festzulegen. Zum Beispiel in welchem Zeitraum die Bewerbungsgespräche stattfinden. Und ob diese online oder persönlich durchgeführt werden. Damit hilfst du den Bewerber*Innen dabei, die Termine zu planen und zu ermöglichen.
- Optimiere für Mobile-Geräte:
Achte darauf, dass die Stellenausschreibung ein responsives Design hat. Das ist bei den allermeisten Job-Portalen der Fall. Vermeide es, eine kurze Beschreibung auf ein PDF zu verlinken mit den vollständigen Informationen. Dieses ist auf Smartphones schwerer zu lesen und die Responsewahrscheinlichkeit nimmt damit enorm ab.
5. Kooperation statt Konkurrenz
Personalmangel heisst zunächst: Die Arbeitgeber*innen konkurrieren um Arbeitskräfte. Das bessere Angebot zählt, doch wie weit können z.B. Arbeitslöhne angehoben. Wer kann da mit gehen? Für die Mitarbeiter*innen wird es zunehmend attraktiv: Sie können zwischen Jobs auswählen und bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen, für Gastronom*innen wird es hingegen zunehmend unattraktiv.
Doch ist Konkurrenz in Krisenzeiten - und der Personalmangel ist eine Krise - die richtige Strategie? Vielmehr ist Kooperation angesagt! Also z.B. Mitarbeiterpools nicht nur innerhalb von Gastro-Gruppen, sondern auch über Unternehmen hinweg. So steht bei Knappheit, Krankheit oder Quarantäne Ersatz eher zu Verfügung. Zudem können Mitarbeiter*innen je nach Konzept - Lunch, Cafe, Dining - und je nach Auslastung flexibel eingesetzt werden. Und dies ist auch im Interesse der Mitarbeiter*innen, wenn sie so weitere Erfahrungen sammeln, sich vernetzen und ggf. mehr Stunden arbeiten können.
6. Digitalisierung und Automatisierung
Wenn gute und geeignete Mitarbeitende nicht zu finden und zu finanzieren sind, ist eine Umstrukturierung der Betriebsabläufe eine Strategie, auf die alle Restaurantbetriebe setzen sollten. Denn nicht alle Aufgaben müssen manuell und von Menschen erfüllt werden. Bereits bei der Umstellung auf digitale Online-Reservierungen und automatische Tischzuweisungen lässt sich enorm viel Zeit sparen, die besser im Service eingesetzt wird. Zudem erlauben State-of-the-Art Tools wie aleno eine komplexe Auslastungssteuerung mit automatischer Beantwortung von Standardreservierungen und Gruppenanfragen, Tischzuweisung, Double- oder Tripple Seating, automatisiertes personalisiertes Marketing und Upselling sowie die Kooperation mit einer Optimierung der Auslastung über Betriebe hinweg.
Führende Gastronomie-Unternehmen wie die Restaurantkette L’Osteria in Deutschland, die Aiola-Gruppe in Graz, das Steirereck in Wien oder Red Bull in Österreich oder die Pumpstation Gastro GmbH von Michel Péclard in der Schweiz machen es vor.
Mit der konsequenten Umsetzung der Digitalisierung lässt sich nicht nur Zeit und Geld sparen, sondern zusätzlich über die Automatisierung von Kapazitätssteuerung und personalisiertem Marketing die Auslastung optimieren. Das ermöglicht deutlich höhere Umsätze. Und das nicht nur in den grossen Betrieben, sondern auch in kleineren. So kann das japanische Restaurant Ooki in Zürich Dank Automatisierung sein Lokal ohne grossen Aufwand zwei oder dreimal am Abend füllen.
Insbesondere die Digitalisierung bietet diverse Möglichkeiten, den Personalmangel abzufedern. Und das ist sogar eine Win-Win-Situation. Die Mitarbeitenden werden entlastet, und zwar genau von den Aufgaben, die am wenigsten erfüllend sind. Sprich: Administrative Tätigkeiten, wie zum Beispiel das Entgegennehmen von Reservierungen am Telefon, Bestellungen und Bezahlungen. Mit der Verbindung offener Apps wie aleno und Yoordi kann die komplette Guest Journey von Reservierung über Bestellung und Bezahlung automatisiert werden. Die Angestellten im Service können sich dann mehr auf die Gäste konzentrieren, ihre Bedürfnisse und Wünsche. Das verspricht auch höhere Trinkgelder. Und damit würden auch die Arbeitsbedingungen verbessert.
Übrigens: Zukunft ist nie weit weg - insbesondere jetzt, wo wieder alles geöffnet ist, Gäste sich wieder schneller ausbreiten als Viren. Wie man jetzt als Gastronom*in wieder aufleben, Gastfreundschaft ausleben und seine Betriebe aufblühen lassen kann, haben wir in unserem neuen eBook zusammengestellt:
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