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Falstaff-Profi-Chefin: «Nachhaltigkeit bei Fine Dining ist möglich»

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Das «Noma» in Kopenhagen war mehrmals gelistet als das beste Restaurant der Welt. Chef René Redzepi verkündete nun, dass Ende 2024 Schluss sei. Der Grund: Top-Qualität und höchste Standards zu für Gäste akzeptablen Preisen seien auf Dauer unvereinbar mit der fairen Entlohnung seiner knapp hundert Mitarbeiter. Ist die Spitzengastronomie damit nicht mehr zeitgemäss? Fine Dining in der Krise? Das Interview mit Alexandra Gorsche.

 

Zur Person:
Alexandra Gorsche ist geschäftsführende Gesellschafterin und Herausgeberin des Fachmagazins Falstaff Profi. Zu ihren Steckenpferden zählen der B2B-Sektor und aktuelle Karrierethemen. Zudem berät und begleitet die aus der Steiermark stammende Verlagsfrau seit mehr als zehn Jahren Hoteliers und Gastronomen auf ihrem Weg, unterstützt sie beim Auftritt in den sozialen Medien und im Umgang mit der Presse.

 

Sind Fine Dining und Nachhaltigkeit generell nicht miteinander vereinbar?  

Doch. Nachhaltigkeit in Fine Dining Restaurants ist auf jeden Fall möglich. Dies hängt nur von Konzept und dem Koch bzw. dem Kopf dahinter ab. Es gibt großartige Beispiele, die es uns vor machen, wie beispielsweise Alain Passard, in seinem L'Arpège, einem mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnetes Restaurant. Er hat sich zum Ziel gesetzt, eine Küche zu bieten, die noch nicht in ihrem vollen Umfang erforscht wurde. Und mit seinen riesigen Gärten hat das L'Arpège den Vorteil, dass es sich selbst mit Gemüse, Kräutern, Gewürzen und Früchten versorgen kann. Jedes Jahr werden in den Gärten etwa 40 Tonnen Gemüse angebaut, und zwar mit 100% natürlichen Methoden.

 

Gibt es weitere Beispiele?

Es gibt viele weitere. Zum Beispiel Rasmus Kofoed mit dem Geranium in Kopenhagen, ebenso mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Er arbeitet eng mit dem lokalen Bauernhof Kiselgården zusammen und verfolgt eine biodynamische Philosophie. Zusammen mit dem Bauern experimentiert er mit verschiedenem Gemüse. Fleisch brauche es für ihn nicht unbedingt. Und das sind nicht die einigen Spitzenköche, die sich ganz bewusst mit Lebensmitteln und ihrer Herkunft und der dazugehörigen Wertschätzung und Nachhaltigkeit auseinandersetzen.

 

Der Noma-Küchenchef spricht auch von fehlender sozialer Nachhaltigkeit. Damit zielt er auf die schlechte Bezahlung von Restaurant-Mitarbeitenden ab. Werden Mitarbeitende in Fine Dining Restaurants schlecht bezahlt?

Das kann man so nicht sagen. Jedes Unternehmen ist individuell zu betrachten und jede Unternehmerin und jeder Unternehmer trifft eigene Entscheidungen – so auch die der Gehaltsfrage. Es gibt nach wie vor hochkarätige Betriebe, in denen man nicht aufgrund von einem angenehmen Betriebsklima oder toller Benefits arbeiten möchte, sondern um zu lernen, sich weiterzubilden und vielleicht diese eine Station unbedingt im Lebenslauf zu haben. Diese Entscheidung fällt jeder für sich selbst.

 

Schlechte Arbeitsbedingungen im Restaurant-Business waren in der Vergangenheit immer wieder ein grosses Thema. Ist das immer noch so?

Da kann man Restaurants nicht über einen Kamm scheren. Man könnte behaupten, dass die Mitarbeiterproblematik in der Branche auch selbst zu verantworten sei, da früher die Arbeitsbedingungen nicht optimal gewesen sind. Lautes Geschrei in der Küche, niedere Bezahlung und minimalistische Übernachtungsmöglichkeiten sind allerdings nicht mehr der heutige Stand.

 

Sondern?

Viele Hoteliers und Gastronom*innen kämpfen für den Nachwuchs und ihre Mitarbeiter*innen, in dem sie großartige Benefits zu einer gerechten Entlohnung und angemessenen Arbeitszeiten bieten. 4-Tage-Woche, exklusive Häuser für Mitarbeitende sogar mit eigenem Swimming Pool, Reisen und vieles mehr stehen auf dem Programm. Hoteliers und Gastronom*innen zeigen auch im Bereich der Mitarbeiterführung, dass sie kreativer denn je sind.

 

Das bringt uns zu einem weiteren wichtigen Aspekt: Personalgewinnung. Tun sich Fine Dining Restaurants damit leichter als andere Restaurants?

Hier spielen sehr viele Faktoren zusammen. Wir können die Personalproblematik nicht auf Konzepte umlegen. Ort, Saisonbetrieb, Benefits, faires Gehalt und Work-Life Balance sind entscheidende Faktoren in der Arbeitgeber-Wahl. Mitarbeiter*innen möchten sich darüber hinaus mit dem Betrieb bzw. der Marke identifizieren können.  

 

Welches sind - ausser Personalsorgen - aktuell die grössten Herausforderungen für Restaurants?
Die größte Herausforderung ist wohl die Planung. Die Planung in Bezug auf Mitarbeiter*innen, aber auch in Bezug auf die steigenden Energie- und Lebensmittelkosten. Die Preissteigerungen zwingen dazu, noch mehr und genauer zu kalkulieren. Damit verbunden ist nach wie vor das Thema der No-Shows (hier ein Beitrag zum Thema «Wie sich No-Shows vermeiden lassen). Ein*e Gastronom*in kann es sich und sollte es sich auch nicht leisten müssen, einen Tisch zu reservieren und dann für den Ausfall komplett selbst aufzukommen.

 

Nebst besserer Planung und No-Show-Vermeidung, wie können Restaurants sonst noch ihre Profitabilität steigern?

Die Gastronomie wird immer mehr von der Digitalisierung gesteuert werden. Online-Tischreservierungen, Zahlungsmethode per Karte, Online-Bestellungen und digitale Speisekarten. Digitalisierung kann Gewinne erhöhen und Kosten senken. Gastronom*innen sollten vor der Digitalisierung keine Angst haben, diese eröffnet die Möglichkeit, mehr Zeit für die persönliche Ansprache zu haben. Ebenso ist Social Media nicht mehr wegzudenken: Facebook, Instagram, TikTok – ziehen kostenlos neue Gäste an. Aber auch potentielle Mitarbeiter*innen können sich einen lebendigen Eindruck des zukünftigen Arbeitgebers machen. Wenn die Entwicklung weiterhin so rasant fortschreitet, dann gehören in einigen Jahren telefonische Bestellungen der Geschichte an. Gästegewinnung wird hauptsächlich über das Internet oder KI-basiert stattfinden.

 

Gibt es weitere Faktoren für mehr Erfolg im Restaurant-Business?

Dank klarer KPIs lässt sich leicht feststellen, ob Zeit und Budget richtig investiert sind und so auf die Unternehmensziele einzahlen, oder ob schnell gehandelt und die Strategie angepasst werden muss. Das Augenmerk sollte unter anderem auf folgende Faktoren gelegt werden:

  • Website – die Website ist die digitale Visitenkarte eines Gastronomiebetriebs
  • Referenzen – Bewertungen, Empfehlungen – die Präsenz auf Bewertungsplattformen gibt die Möglichkeit auch in Sachen Beschwerdemanagement noch nach Aufenthalten zu punkten und unzufriedene Gäste zu Fans zu machen
  • Social Media Marketing – Shares, Likes, Reichweite, Interaktionen etc – um so mehr man „instagramable” ist, umso mehr kostenlose Werbung läuft auf den sozialen Kanälen. Auch selbst sollte man als Unternehmen auf Social Media präsent sein und sich als Gastronomiebetrieb und Arbeitgeber positionieren.
  • Personal – jeder Betrieb ist nur so erfolgreich wie sein Personal – Gäste können nur Fans sein, wenn die Mitarbeiter*innen dies bereits sind – hier ist die Fluktuationsrate entscheidend
  • Wareneinsatz – Einkauf & Küche sind wesentliche Faktoren, daher sollte man sich auch mit zero waste auseinandersetzen – Lebensmittelverschwendung kostet wertvolles Geld!
  • Umsatz- und Rentabilität – Der Gewinn aus dem Verkauf von Waren; Prozentsatz der Arbeitskosten
  • Gästezufriedenheit – Anzahl der Gäste, Auslastung bzw. Tischbelegung, Umsatz pro Gast, Delivery Umsatz, Wiederkehrende Kunden

 

Vielen Dank für das Interview.

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